meinGrün - Informationen und Navigation zu Grünflächen in Städten

Use Cases

Auf dieser Seite finden Sie weiterführende Erläuterungen zu beispielhaften Anwendungsbeispielen, bei denen mittels meinGrün-Daten stadtplanungsrelevante Fragestellungen untersucht und beleuchtet werden. Zu jedem Beispiel stellen wir den Hintergrund, das methodische Vorgehen sowie die Ergebnisse dar.

 

 

Use Case #1

Erreichbarkeiten und Qualitäten von Grünflächen für ältere Menschen in Dresden

Erreichbarkeiten und Qualitäten von Grünflächen für ältere Menschen in Dresden

Hintergrund:

 
  • Erfüllung des UN-Nachhaltigkeitsziels 11 (.7): Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten
  • Ältere Menschen (+60 Jahre) sind zumeist weniger mobil. Nahegelegene und somit gut erreichbare Grünflächen, mit besonders bevorzugten Qualitäten, können gesundheitsfördernd für ältere Personen sein.
 

Fragestellungen:

 
  • Welche Grünflächen-Qualitäten werden von älteren Menschen bevorzugt?
  • Wie hoch ist die Versorgung älterer Menschen mit nahegelegenen Grünflächen, die zudem bevorzugte Qualitätsansprüche erfüllen?
 

Verwendete Daten:

 
  • Bevölkerungsdatensatz (blockbasiert, Personenanzahl (+ 60 Jahre))
  • Grünflächen-Datensatz mit bevorzugten Qualitätsausprägungen (hier Beispiel: Grünflächen mit hoher Eignung für die Aktivität „Spazieren gehen“, „Entspannen“ und „Natur beobachten“)
 

Methodik:

 
  • Verschneidung kleinräumiger Bevölkerungsdaten mit den Grünflächenstandorten unter Berücksichtigung der Erreichbarkeit und der Grünflächenqualität
 

Ergebnisse:

 
  • Ältere Menschen bevorzugen die Aktivitäten Entspannen und Natur beobachten, sowie das Kriterium Bänke
  • Ältere Menschen sind nicht schlechter mit bedarfsgerechten Grünflächen versorgt als die gesamte Bevölkerung
  • Trotzdem hat knapp die Hälfte aller älteren Menschen keinen Zugang zu bedarfsgerechten Grünflächen
 

Fazit für Praxis:

 
  • (Defizit-)Bereiche mit geringer Versorgung von älteren Menschen mit schnell erreichbaren Grünflächen und bevorzugten Qualitäten werden aufgezeigt
  • Identifizierung von Grünflächen, die durch zielgerichtete Maßnahmen, einen bevorzugten Qualitätszustand erreichen
  • Identifizierung adäquater Maßnahmen zur Qualitätssteigerung
 

Eine gute Erreichbarkeit von Grünflächen sowie eine adäquate Grünflächengestaltung sind für die Erholung und Förderung der Gesundheit älterer Menschen in Städten wichtig. Ältere Menschen leiden nicht nur häufiger an Krankheiten und sind meistens weniger mobil, sondern sind auch weniger gut in der Lage, mit städtischen Einflüssen, wie z. B. Hitze, umzugehen (UBA 2019, WHO 2017). Sie werden damit als vulnerable Personengruppe betrachtet. Für die Erfüllung des UN-Nachhaltigkeitsziels 11(.7), Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig zu gestalten, ist die Berücksichtigung der Bedürfnisse älterer Menschen innerhalb der Stadtplanung folglich von großer Bedeutung. Der Zugang zu gut erreichbaren Grünflächen bildet dabei ein Kernelement bei der öffentlichen Gesundheitsförderung in Städten (BMU 2017).

In dem meinGrün-Projekt wurden u.a. durch Befragungskampagnen die Bedürfnisse älterer Menschen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass ältere Menschen Grünflächen besonders für Spazieren gehen, Entspannen und Natur beobachten nutzen und aufsuchen. Für diese Aktivitäten sind dieser Personengruppe insbesondere das Vorhandensein von viel Grün, Bäumen und eine strukturelle Vielfalt auf den Grünflächen wichtig (BMU 2019). Auf Grundlage dieses Wissens hat das meinGrün-Team am Beispiel Dresdens untersucht, in welchen Stadtbereichen die Erreichbarkeit bedarfsgerechter Grünflächen besonders hoch bzw. niedrig ist (Stanley et al. 2021, Grunewald et al. 2017). Die Ergebnisse können der Grünflächenplanung und –strategie der Stadt dienlich sein, da auf diese Weise defizitäre Grünflächen sowie Stadtbereiche ausgewiesen werden.

Für jede Grünfläche kann dazu das zugehörige Versorgungsgebiet abgeleitet werden. Dies kann zum Beispiel über die einfache Luftliniendistanz von 300 Metern (was in etwa einer fußläufigen Distanz von 500 Metern entspricht) oder über komplexere Netzwerkanalysen (z.B. unter Nutzung der Openrouteservice API) erfolgen. Die Versorgungsgebiete können anschließend mit den kleinräumigen Bevölkerungsdaten verschnitten werden. Ein derartiges Vorgehen wird in Stanley et al. (2021) detaillierter beschrieben.

Die Karte zeigt die Versorgung der Stadt Dresden mit stark bedarfsgerechten Grünflächen, welche hier in Grün hervorgehoben abgebildet werden. Die weißen Gebiete zeigen an, dass diese Gebiete entweder ausreichend mit bedarfsgerechten Grünflächen versorgt (d.h. sie liegen in maximal 500 Meter fußläufiger Entfernung zu diesen Grünflächen), oder nicht besiedelt sind. Die roten Bereiche stellen Wohngebiete dar, in denen potenziell ältere Menschen wohnen, die nicht versorgt sein können. Mithilfe der Farbskala lässt sich erkennen in welchen Gebäudeblocks besonders viele ältere Menschen pro Hektar leben (dunkelrot) bzw. weniger ältere Menschen (hellrot).

44,3 % aller Wohnblöcke in Dresden sind nicht mit bedarfsgerechten Grünflächen versorgt. Das entspricht etwa 52,4 % der Dresdner Bevölkerung und 48,3 % der älteren Menschen. Folglich sind die älteren Menschen ein wenig besser mit bedarfsgerechten Grünflächen versorgt. Im Hinblick auf eine Gleichverteilung sollte auch die andere Hälfte der älteren Menschen Zugang zu solchen Grünflächen haben, um die gesundheitsfördernde Wirkung von Grünflächen auf kurzem Wege in Anspruch nehmen zu können.

Die dunkelroten Gebiete in der Karte stellen Defizitbereiche dar, welche sich besonders zur Verbesserung der Grünversorgung anbieten. Hier können mit zielgerichteten Maßnahmen die meisten älteren Menschen erreicht werden. So könnte beispielsweise eine mittelmäßig bedarfsgerechte Grünfläche durch die Installation zusätzlicher Sitzgelegenheiten aufgewertet werden. Da Bänke für die befragten älteren Personen ein wichtiges Kriterium darstellen, könnten diese dazu beitragen, die Qualität einer mittelmäßigen Grünfläche hin zu einer bedarfsgerechten Fläche zu erhöhen. Alternativ gibt die Berechnung der Grünflächenqualität auch Aufschluss darüber, welche sonstigen Kriterien (z.B. Grünanteil) zur Verbesserung der Qualität beitragen würden.

Die Ergebnisse dieser meinGrün-Untersuchung können neue Facetten für die Planung von Grünflächen und diesbezüglicher Strategien für nachhaltige Stadtentwicklungen aufzeigen. Durch die Kombination von nutzergruppen-spezifischen Kriterien kann die Grünflächenqualität innerhalb einer Stadt bestimmt und miteinander verglichen werden. Durch eine Verschneidung mit der Bevölkerung (sowohl der gesamten als auch spezifischen Bevölkerungsgruppen) kann deren Erreichbarkeit von Grünflächen erhoben werden (BMU 2019). Dies dient dazu, Defizitgebiete in der Stadt zu identifizieren, welche einen besonderen Handlungsbedarf für die Stadtplanung darstellen. Zusätzlich können auf diese Weise adäquate Maßnahmen zur Steigerung der Grünflächenqualität abgeleitet werden.

Schauen Sie sich gerne die Ergebnisse im meinGrün-Viewer an!

 

Sonstige, weiterführende Literatur

BMU (Bundesministerium  für  Umwelt,  Naturschutz,  Bau  und  Reaktorsicherheit, 2019): Masterplan Stadtnatur - Maßnahmenprogramm der Bundesregierung für eine lebendige Stadt. Berlin.

BMU (Bundesministerium  für  Umwelt,  Naturschutz,  Bau  und  Reaktorsicherheit, 2017): Weißbuch Stadtgrün: Grün in der Stadt – Für eine lebenswerte Zukunft. Berlin.

Grunewald, K., Richter, B., Meinel, G., Herold, H., Syrbe, R.-U. (2017): Proposal of indicators regarding the provision and accessibility of green spaces for assessing the ecosystem service “recreation in the city” in Germany. International Journal of Biodiversity Science, Ecosystem Services & Management, 13(2), 26-39. doi.org/10.1080/21513732.2017.1283361

Grunewald, K., Richter, B., Meinel, G., Herold, H., Syrbe, R.-U. (2016): Entwicklung nationaler Indikatoren zur "Erreichbarkeit von öffentlichen Grünflächen" für die Bewertung der Ökosystemleistung "Erholung in der Stadt". Naturschutz und Landschaftsplanung 48 (7), S. 218-226.

Richter B., Grunewald K., Meinel G. (2016): Analyse von Wegedistanzen in Städten zur Verifizierung des Ökosystemleistungsindikators "Erreichbarkeit öffentlicher Grünflächen". AGIT - Journal für Angewandte Geoinformatik 2: 472-781. dx.doi.org/10.14627/537622063

UBA (Umweltbundesamt, 2019): Mücke, H.‑G; Matzarakis, A.: Klimawandel und Gesundheit: Tipps für sommerliche Hitze und Hitzewellen. Umweltbundesamt. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/190617_uba_fl_tipps_fur_sommerliche_hitze_und_hitzewellen_bf.pdf. Zugriff am: 03.03.2021

WHO (World Health Organization, 2017): Global strategy and action plan on aging and health. Geneva: World Health Organization. https://www.who.int/ageing/WHO-GSAP-2017.pdf?ua=1. Zugriff am: 03.03.2021


Use Case #2

Subjektive Wahrnehmung und Kommunikation von Grünflächen in Social Media

Subjektive Wahrnehmung und Kommunikation von Grünflächen in Social Media

Hintergrund:

 
  • Kommunikation über Social Media hat zunehmend Einfluss auf die tatsächliche Nutzung von Grünflächen vor Ort
  • Zur langfristigen strategischen Planung (Infrastruktur, Anbindung, Pflege) und zum kurzfristigen Nutzungs-Monitoring kann die quantitative Auswertung von öffentlichen Social Media Daten eine ergänzende Datenquelle in der Stadtplanung darstellen
 

Fragestellungen:

 
  • Wie häufig werden Grünflächen von Social Media Nutzern frequentiert? (relative Unterschiede, zeitliche Entwicklung)
  • Welche Aktivitäten werden von Grünflächen online kommuniziert?
  • Ist es möglich, ein Beliebtheitsranking aus den subjektiven und öffentlich kommunizierten Nachrichten abzuleiten?
 

Verwendete Daten:

 
  • Öffentliche Social Media Daten aus Twitter, Instagram und Flickr
 

Methodik:

 
  • Über ein Abstraktionsverfahren werden Daten bei der Abfrage in ein statistisches Format umgewandelt
  • Auf dieser Basis sind nur quantitative Aussagen möglich, keine Identifikation von Einzelpersonen
  • Der Einfluss der Plattformen wird gewichtet, sodass Flickr, Instagram und Twitter, trotz unterschiedlicher Datendichten, einen vergleichbaren Einfluss auf die Visualisierung haben
  • Über ein Interface ist es möglich, Reaktionen nach vorausgewählten Themen und Grundbegriffen zu filtern
 

Ergebnisse:

 
  • Derzeit lassen sich insbesondere für beliebte, zentrale Grünflächen (z.B. Großer Garten), hochauflösende Nutzungsmuster aus Social Media visualisieren
  • Die Visualisierungen sind weniger geeignet für die Auswertung von geringfügig genutzten Grünflächen. Zudem ist die Datengrundlage nicht universell repräsentativ, sondern reflektiert einige Nutzergruppen (z.B. jüngere) besonders stark
 

Fazit für Praxis:

 
  • Die Daten eignen sich besonders, um die Wünsche, Vorlieben und subjektiven Meinungen von jüngeren Bevölkerungsgruppen stärker in Planungsprozessen berücksichtigen zu können
  • Während die Daten hochaktuell und frei verfügbar sind, schwankt die Datenqualität und Datenverfügbarkeit noch sehr
  • Eine moderne, zukunftsorientierte Form des Datenaustauschs und Nutzungsmonitorings, welche bisherige Planungsgrundlagen um eine gänzlich neue Datenquelle ergänzend bereichert
 

Der online geführte Diskurs hat zunehmend Einfluss auf die vor Ort wahrnehmbare Nutzung von Grünflächen. Schon der Stadtplaner Kevin Lynch (1960) betonte den Einfluss der visuellen Wahrnehmung auf die langfristige Entwicklung von Städten. Beispielsweise besuchen ‚Instagrammer‘ wiederholt beliebte Orte, um bestimmte Perspektiven zu wiederholen oder via ‚Selfies‘ den Besuch von Sehenswürdigkeiten zu dokumentieren. Dies führt nicht nur zu positiven Effekten, sondern kann auch negative Konsequenzen haben, beispielsweise durch Überfrequentierung oder die Überlastung von Infrastruktur und durch negative Beeinträchtigungen von Umwelt und Natur, wie in einem Bericht des Nordischen Rats über beliebte Aussichtspunkte in nordeuropäischen Ländern offensichtlich wird (Øian et al. 2018). Ungeachtet dessen bieten Social Media Daten aber auch das Potential, subjektive Wahrnehmung von vielen Personen und Nutzungsmuster zu visualisieren, um strategisch in Planungsprozessen reagieren zu können.

Die Methodik wurde entwickelt, um schnell einen groben Überblick der räumlichen Muster von in Social Media kommunizierten Begriffen abzubilden. Die Visualisierungsmethode ist insofern besonders geeignet, wahrgenommene und online kommunizierte Qualitäten in einem Gebiet zu beurteilen. Es kann eine Kombination von verschiedenen Begriffen genutzt werden, um besondere Themenzusammenhänge zu analysieren. Im Beispiel für den Großen Garten (Abbildung 2) wurde die Kombination der Begriffe „grass, nature, park“ genutzt, um das Eignungsgefälle für wahrgenommene und naturbezogene Qualitäten im Park zu beurteilen. So wird an der Karte ablesbar, dass der Botanische Garten einen wesentlichen Schwerpunkt für mit diesem Begriffskanon zusammenhängende Qualitäten darstellt. Auch im hinteren, eher offen gestalteten westlichen Teil des Großen Gartens liegen wesentliche Schwerpunkte, mit punktuellen Häufungen entlang des Carola-Sees und am Ufer d. Neuen Teichs.

Bestimmte Begrenzungen der Methode sind durch die Datenquelle bedingt. Ein besonderes Anliegen und Grundlage für die Verwendung dieser Daten ist der Schutz persönlicher Daten (Lane et al. 2015). Ausschließlich dazu wurde ein Abstraktionsverfahren entwickelt, welches Daten unmittelbar bei der Abfrage in ein statistisches Format überführt (Dunkel et al. 2020). Dieses Format ermöglicht nur quantitative und allgemeine Aussagen, mit einer 3-5% Ungenauigkeit gegenüber Originaldaten. Die Identifikation von einzelnen Personen ist in diesem Format nicht mehr möglich. Diese statischen Daten unterliegen daher auch nicht mehr der DSGVO, somit sind auch aus rechtlicher Sicht die Bedingungen für eine breitere Nutzung der Daten vorhanden.

Das Verfahren ermöglicht so, insbesondere Quantitäten und besondere Häufungen für bestimmte Begriffe und Orte zu erfassen. Typischerweise haben räumliche Daten auf Social Media eine sehr heterogene Qualität, mit einem Schwerpunkt in öffentlichen Bereichen und hoch frequentierten, touristisch beliebten Gegenden. Dies schränkt die Auswahl der Gebiete ein, für welche diese Art der Visualisierung genutzt werden kann. Aus stadtplanerischer Sicht wird vorgeschlagen, die Daten insbesondere zu Beginn von Planungsprozessen (Scoping) als erste grobe Sichtung heranzuziehen, um besser beurteilen zu können, ob bestimmte Interessen von Gruppen hinreichend berücksichtigt wurden (Ernston 2013). Im Verlauf von Planungsprozessen können dann thematische Fragen stichpunktartig validiert und überprüft werden. In Umweltverträglichkeitsprüfungen (siehe UVPG) beispielsweise kann eine solche Quantifizierung helfen, mögliche wahrgenommene Auswirkungen von Projekten oder Plänen im Vorfeld besser beurteilen zu können und damit eine bessere Abschätzung von Konsequenzen für die Bevölkerung zu erhalten (Dunkel 2015). Dies kann einen ersten, kostengünstigen und modernen Schritt hinsichtlich stärkerer Partizipation in Planungsprozessen darstellen (Fischer-Gäde 2016; Dunkel 2015).

Die Erfassung der Daten kann fortlaufend erfolgen und ist für alle öffentlichen Gebiete anwendbar. Karten werden als interaktive Karte (HTML), PNG, SVG oder GeoTiff ausgegeben. Es ist geplant, die Abfrage für externe Planungsstellen über ein Interface verfügbar zu machen, derzeit erfolgt der Start des Verarbeitungsprozesses (Auswahl Gebiet, Begriffe) noch manuell. Die Aktualisierung der Social Media Daten ist derzeit nur halbautomatisiert, ein automatisiertes Monitoring ist angedacht und wird nach Anfrage ausgebaut.

Schauen Sie sich gerne die Ergebnisse im meinGrün-Viewer an!

 

Sonstige, weiterführende Literatur

Dunkel, A. (2015). Visualizing the perceived environment using crowdsourced photo geodata. Landscape and Urban Planning, 142, 173–186. doi.org/10.1016/j.landurbplan.2015.02.022

Dunkel, A., Löchner, M., & Burghardt, D. (2020). Privacy-aware visualization of volunteered geographic information (VGI) to analyze spatial activity: a benchmark implementation. ISPRS International Journal of Geo-Information, 9(10). https://doi.org/10.3390/ijgi9100607

Ernstson, H. (2013). The social production of ecosystem services: A framework for studying environmental justice and ecological complexity in urbanized landscapes. Landscape and Urban Planning, 109(1), 7–17.

Fischer-Gäde U. (2016). Partizipation – Eine Herausforderung in der Landschaftsplanung. In Riedel, W., Lange, H., Jedicke, E., & Reinke, M. (Hrsg.), Landschaftsplanung. Berlin: Springer.

Lane, J., Stodden, V., Bender, S., & Nissenbaum, H. (2015). Privacy, big data, and the public good: Frameworks for engagement. Cambridge: Cambridge University Press. https://doi.org/10.1017/CBO9781107590205

Lynch, K. (1960). The image of the city. Cambridge: MIT Press.

Øian, H., Fredman, P., Sandell, K., Sæþórsdóttir, A. D., Tyrväinen, L., & Jensen, F. S. (2018). Tourism, nature and sustainability: A review of policy instruments in the Nordic countries. Copenhagen: Nordic Council of Ministers. https://doi.org/10.6027/TN2018-534.


Use Case #3

Grüne Radwege in Heidelberg

Grüne Radwege in Heidelberg

Hintergrund:

 
  • Erfüllung des UN-Nachhaltigkeitsziels 11 (.7): Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten
  • Reduktion der städtischen CO2 Emissionen im Verkehrssektor.
  • Die Möglichkeit sich auf attraktiven Radwegen durch die Stadt zu bewegen, fördert die Gesundheit und die Bereitschaft der Bürger*innen vom Auto auf das Rad umzusteigen.
 

Fragestellungen:

 
  • Welche Abschnitte im Radverkehrsnetz sind hochfrequentiert aber wenig attraktiv aufgrund von unzureichender Begrünung?
  • Welche grüne Alternativrouten existieren zu diesen Abschnitten?
  • Für welche Abschnitte gibt es keine guten Alternativrouten?
 

Verwendete Daten:

 
  • Verkehrsnetz aus OpenStreetMap
  • Begrünung entlang von Verkehrswegen aus OpenStreetMap, städtisches Baumkataster und Sentinel-2 Satellitendaten
 

Methodik:

 
  • Simulation von 11 000 Fahrradrouten im Stadtgebiet
  • Aggregierter Vergleich der jeweils schnellsten Route und der entsprechenden grünen Alternativroute in Form von Heatmaps
 

Ergebnisse:

 
  • Es gibt wichtige grüne Korridore durch die Stadt für Radfahrende wie die Bahnstadtpromenade oder die Ochsenkopfwiese.
  • Die Neckarstaden und die Montpellierbrücke mit anschließender Speyrer Straße sind wichtige Verkehrskorridore für Radfahrende, die allerdings wenig Begleitgrün bieten und für die es zudem keine gute grüne Alternativroute gibt.
 

Fazit für Praxis:

 
  • Abschnitte im Radverkehrsnetz werden aufgezeigt, welche wichtige grüne Verbindungsachsen darstellen.
  • Defizitbereiche, für die keine gute Alternative besteht, werden aufgezeigt.
 

Die Verfügbarkeit attraktiver Verkehrswege für Radfahrende ist wichtig für eine nachhaltige urbane Mobilität, welche sowohl im Hinblick auf die Reduktion von CO2 Emissionen nötig ist als auch die Gesundheit der Stadtbewohner*innen fördern kann. Dies deckt sich mit dem UN-Nachhaltigkeitsziels 11(.7), Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig zu gestalten.

Die Möglichkeit sich schnell und auf attraktiven Verkehrswegen durch die Stadt fortzubewegen, ist ein wichtiger Faktor in der Wahl der Verkehrsmittel der Bürgerinnen. Ist ein attraktives Radverkehrsnetz gegeben, ist es wahrscheinlicher, dass Bürger*innen vom Auto auf das Fahrrad umsteigen und somit die CO2 Emissionen als auch Feinstaubkonzentration der Stadt sinken könnten. Darüber hinaus haben Studien gezeigt, dass der Aufenthalt im Grünen förderlich für die Gesundheit ist (Tost et al., 2019) und auch bei der Routenwahl von Radfahrenden eine Rolle spielt (Park & Akar, 2019).

Im meinGrün Projekt wurde daher ein Routing-Dienst entwickelt, welcher für Fußgänger*innen und Radfahrende neben der kürzesten und schnellsten Route auch grüne, leise oder schattige Routenvorschläge berechnet. Dieser Dienst basiert auf dem OpenRouteService, welcher als Open-Source Projekt des Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT) und dem Lehrstuhl für Geoinformatik der Universität Heidelberg entwickelt und bereitgestellt wird. Die Grundlage für die Routenberechnung ist das Verkehrsnetz aus OpenStreetMap. Die Quantifizierung der Begrünung eines Verkehrsweges wurde aus einer Kombination von Satellitendaten, OpenStreetMap und städtischen Baumkatasterdaten hergeleitet. Dabei wurde die Menge an Vegetation in einem Umkreis von 30 Metern um das jeweilige Wegsegment berücksichtigt.

Für eine stadtweite Analyse des Radverkehrsnetzes wurden ca. 11 000 randomisierte Fahrten mit dem Rad im Heidelberger Stadtgebiet bestehend aus zufälligen Start- und Endpunkten generiert. Für jede Fahrt wurde jeweils die schnellste Route und eine grüne Alternativroute berechnet. Durch das Verschneiden beider Routen wurden die Straßensegmente identifiziert, welche von der grünen Alternativroute im Vergleich zur schnellen Route vermieden bzw. bevorzugt werden. Zur Analyse wurden diese Daten in Form von Heatmaps aggregiert.

Abbildung 3 zeigt in Rot Routensegmente, welche für die schnellen Routen oft gewählt werden, aber bei den grüneren Alternativrouten vermieden werden. In Grün sind die Routensegmente dargestellt, welche von den grüneren Alternativrouten häufig gewählt werden, um die wenig begrünten Bereiche der schnellen Route zu umfahren. In der Karte fällt besonders die grüne West-Ost Verbindung von Wieblingen in die Innenstadt über die Unterführung beim Alten Bahnbetriebswerk und entlang der Bahnstadtpromenade auf. Diese stellen einen wichtigen grünen Fahrrad-Korridor dar, welche es Radfahrenden erlaubt, die wenig begrünten Routen entlang der Mannheimer Straße oder durch die Bahnstadt zu vermeiden. Wenig begrünte Streckenabschnitte, die nicht ohne deutliche Umwege umfahren werden können sind in violett dargestellt.

Für Radfahrten von der Stadtmitte Richtung Osten nach Schlierbach werden die Neckarstaden am südlichen Neckarufer oft vermieden, da sie wenig Begrünung bieten. Die Alternativrouten sind zwar sehr grün, da sie in den Odenwald führen, jedoch sind sie daher auch sehr steigungsintensiv, weshalb sie nicht als attraktive Alternativen angesehen werden können. Die wenig begrünte Montpellier-Brücke am Hauptbahnhof mit anschließender Speyerer Straße ist ein wichtiger Korridor, um vom Umland in die Stadtmitte per Rad zu gelangen. Jedoch konnten für diese Abschnitt keine grünen Alternativrouten mit zumutbarem Umweg gefunden werden. Eine Begrünung dieser Streckenabschnitte könnte diese viel frequentierten Bereiche aufwerten.

Die Ergebnisse dieser Untersuchung geben Hinweise darauf, welche Radwege in Heidelberg relevant sind, damit sich Radfahrende schnell und auf attraktiven Strecken in Heidelberg fortbewegen können. Diese Informationen können genutzt werden, um wichtige Radverkehrsverbindungen zu identifizieren, welche durch gezielte Aufwertung die Attraktivität des städtischen Radverkehrsnetzes erhöhen  könnten. Dies könnte Bürger*innen dazu motivieren, eher das Fahrrad zu wählen statt des Autos, wodurch ein Betrag zur Reduktion von verkehrsbedingten CO2 Emissionen sowie dem Erreichen des Nachhaltigkeitsziels 11 (.7) geleistet werden könnte.

Durch die Kombination von verschiedenen Datenquellen können verschiedene Qualitätsaspekte von Rad- und Fußwegen erfasst und in den OpenRouteService integriert werden. Daher können ähnliche Analysen, wie die hier gezeigte, beispielsweise auch für leise oder schattige Rad- oder Fußgängerrouten durchgeführt werden.

Schauen Sie sich gerne die Ergebnisse im meinGrün-Viewer an!

 

Sonstige, weiterführende Literatur

UBA (Umweltbundesamt, 2019): Mücke, H.‑G; Matzarakis, A.: Klimawandel und Gesundheit: Tipps für sommerliche Hitze und Hitzewellen. Umweltbundesamt. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/190617_uba_fl_tipps_fur_sommerliche_hitze_und_hitzewellen_bf.pdf. Zugriff am: 03.03.2021

WHO (World Health Organization, 2017): Global strategy and action plan on aging and health. Geneva: World Health Organization. https://www.who.int/ageing/WHO-GSAP-2017.pdf?ua=1. Zugriff am: 03.03.2021

Tost, H.; Reichert, M.; Braun, U.; Reinhard, I.; Peters, R.; Lautenbach, S.; Hoell, A.; Schwarz, E.; Ebner-Priemer, U.; Zipf, A.; et al. (2019). Neural correlates of individual differences in affective benefit of real-life urban green space exposure. Nat. Neurosci, 22, 1389–1393. https://doi.org/10.1038/s41593-019-0451-y

Park, Y., & Akar, G. (2019). Why do bicyclists take detours? A multilevel regression model using smartphone GPS data. Journal of transport geography, 74, 191-200. doi.org/10.1016/j.jtrangeo.2018.11.013